Wednesday, November 23, 2005

calgary

23.11.

Heute ein Statusbericht aus der vielleicht hässlichsten Stadt der Welt. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass einmal zu sagen aber: "Ich vermisse Paderborn".
Solch eine gewagte These muß natürlich untermauert werden, daher ein kurzer Abriß aus der "city where I'm currently living in".

Calgary befindet sich inmitten einer kargen Wüste (toleranter "Prärie"), durchbrochen von lieblos dahingezimmerten "Holz-Häusern" die eher an einen Industriepark als an eine bewohnte Gegend erinnern. Alles ist auf Pragmatismus ausgerichtet, nichts auf Schönheit, Flair und Athmosphäre.
Zum Glück steht an einem Restaurant das Wort "Restaurant" dran. Andernfalls könnte man den Verdacht hegen, dort gebe es statt Burger und Steak Tapeten und Malerzubehör zu kaufen.
Zur bildlichen Darstellung stelle sich der Potsdamer den Schlatz und der Paderborner Schloss Neuhaus in überdimensionalen Ausmaßen vor.
Das Straßensystem ist ein riesiges wohldurchdachtes Schachbrett, welches in vier Abschnitte Nordost, Nordwest, Südost und Südwest unterteilt ist. Horizontal gibt es dann jeweils Avenues und vertikal die sogenannten Streets mit durchnummerierten Namen. Ein solch eingegrenztes Quadrat ist dann ein Block. Klangvolle Namen wie Le-Mans-Wall, Lindenstraße oder etwa Schillerallee sucht man vergebens. Aber die Stadtväter wollten sicher den Durchschnittsbürger nicht vor unlösbaren Aufgaben stellen. Nicht, dass man erst zur Volkshochschule muß, um seine Adresse aufschrieben zu können
Wegbeschreibungen sehen dann wie folgt aus:
Sie befinden sich auf der 3. Straße Nordwest. Gehen sie drei Blocks geradaus, biegen sie an der Ampel links in die 17. Avenue ab, folgen Sie dem Straßenverlauf für weitere 2 Blocks, biegen Sie rechts in die 2. Straße Nordost ab. Nach vier weiteren Blocks haben Sie ihr Ziel "Starbucks" erreicht.

Romantischer, wenn auch komplizierter ist es in meinem Heimatort Potsdam. Dort könnte man wie folgt geführt werden.
Nachdem Sie nach einem erholsamen Tag im Park die "Allee nach Sanssouci" hinter sich gelassen haben, biegen Sie rechts in die Schopenhauerallee ein. An deren Ende sehen Sie das Brandenburger Tor flankiert von kleinen Beeten und Rosenrabattten. Durchqueren Sie den Quell von Geschichte und künstlerischer Anmut und spazieren Sie den Boulevard hinunter. Wenn Sie mit Adleraugen gesegnet sind oder alternativ eine gute Brille besitzen, sollten die die Peter und Paul - Kirche erkennen können. Nachdem Sie dieses vom eklektizistischen Baustil geprägte Bauwerk umrundet haben, sollten Sie sich nahe des Soldatenfriedhofs befinden. Machen Sie eine kurze Rast um dann die Behlertstraße zu überqueren. Nun befinden Sie sich im wunderschönen Holländischen Viertel welches zugleich ihr Ziel wie auch Abendgestaltung darstellt.

So langsam lerne ich Deutschland zu schätzen. Was ist es nicht für ein erhebendes Gefühl, mit der Angebetenen (oder dem Bruder, wenn die Angebete kurzfristig entflohen ist) entlang "Unter den Linden" zu flanieren. Zur Rechten erhebt sich die Berliner Staatsoper und zur Linken das Maserati-Autohaus welches mehr Stil hat, als alles was mir hier bisher geboten wurde.
Und da frage ich mich so langsam, warum wir Amerika so extrem nacheifern. Wir sollten uns unsere noch verbliebende Intelligenz bewahren und auf unsere Kultur stolz sein, die es noch erlaubt Straßen eigenständige Namen zu geben und Häuser aus Stein zu bauen.

Erstaunlicherweise finden die Einwohner ihre Stadt attraktiv. Aber wer noch nie den Louvre oder einfach nur ein echtes Schloß gesehen hat, hat sicher kaum Vergleichsmöglichkeiten. Und von 35 befragten Kanadien haben bisher fünf ihr Land verlassen. Für einen Urlaub in den Staaten.

beloved europe

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